AUF DEN SPUREN DER EIGENEN VERGANGENHEIT

kleine Lost Place Tour, Werbung durch Ortsnennungen

Hallo Nico, lieber Charly, der du aus Sicherheitsgründen zu Hause bleiben musstest, heute erzähle ich euch von einer Tour, mit der auch ich ein wenig verbunden bin. Mein Dank geht an das Team von go2know, durch die uns dieses Erlebnis in die Vergangenheit ermöglicht wurde.

Es sei kurz erwähnt, dass ich diesen Foto-Ausflug selbst bezahlt habe und die Werbung durch Namensnennungen aus Überzeugung erfolgt.

Hunde sind auf dieser Tour übrigens erlaubt, da schnüffeln und buddeln aber zu Charlys Grundausstattung gehören, haben wir ihn lieber zu Hause gelassen.

Der Unmut der Einwohner von Bad Berka hat sich nie wirklich gelegt, da die Verunsicherung der Bevölkerung gegenüber der Krankheit Tuberkulose zu etlichen Rückgängen der Badegäste im Hotel- und Kureinrichtungsbetrieb der Stadt führte.
Als Kind erzählte mir mein Opa immer, dass er in München zur Kur war. Dass er nicht die große Stadt im Süden Deutschlands meinte, war mir ziemlich egal. Für ihn damals gesundheitlich von Bedeutung, für mich heute Lost Place.
Über die Geschichte des Gebäudes gibt es unzählige Beiträge im Netz, ich möchte heute vorrangig von meinen persönlichen Eindrücken berichten.
Wir parkten hinter dem großen Fachwerkhaus, dessen Hauptgebäude knapp 10.500 m² umfasst. Es gibt zahlreiche Nebengebäude und ein riesiges Grundstück, mit einer Gesamtgröße von rund 225.000 m². Mein Opa war Ende der 70er Jahre für 7 Monate selbst Patient und die Sophienheilstätte als Abteilung für Urologie und Orthopädie diente.

Unsere kleine Gruppe von 12 Leuten traf sich auf der Rückseite. Nach ein paar Informationen und kleiner Sicherheitsbelehrung ging es durch einen unscheinbaren Eingang ins Gebäude. Viel Schutt und Dunkelheit begleiteten uns durch die ehemalige Küche zum ersten Treppenhaus, in dem wir uns trennten und jeder 6 Stunden für seine eigene Tour hatte.

Mit Lageplan bewaffnet schlenderten wir durch den ersten Korridor, in dem alle Türen geöffnet waren, dass einer typischen Horrorszene glich. Was uns besonders ins Auge fiel, waren die vielen Graffiti, zum größten Teil nicht Mal gut und ziemlich sinnfrei. Ärztliche Gegenstände suchte man hier vergebens, eine volle Bierkiste hätten wir wahrscheinlich locker zusammen bekommen.

Die kleine Kapelle betraten wir von unten, die Empore später und nach längerem Suchen.

Viele Fenster waren verriegelt und nur wenig Licht fiel in diesen Teil der Räume. Genau dieses Licht und frische Luft waren damals wichtige Werkzeuge zur Bekämpfung der heimtückischen Lungenkrankheit. Daher waren alle Patientenzimmer zur Südseite ausgerichtet, in jedem riesige Fenster zum Schieben mit Blick auf den Thüringer Wald.

Heute sind viele Zimmer Teil der Natur geworden, Efeu und andere Pflanzen teilen sich den Platz mit Sanitärvorrichtungen und abgeblätterten Tapeten. Wir trafen einen der Tourguides auf dem Flur und kamen ins Gespräch, Fragen wurden beantwortet und wir fachsimpelten über andere Lost Places.

Jede Zimmertür enthielt am oberen Rand zwei kleine Glasbausteine. Da die Krankenschwestern wahrscheinlich schon damals keine Riesen waren, dienten diese Aussparungen der Nachtwache zur Kontrolle, ob das Licht aus war. Auch die Frage nach den Betten ließ sich an der Anzahl der Rufknöpfe selbst beantworten.

Da uns die Kälte und Feuchte bald in den Knochen steckte, zogen wir weiter und achteten auf die kleinen Hinweise des Guides.

Heute selbstverständlich, damals eher Luxus, die Toiletten, die sich in Viererkabinen am Ende eines jeden Ganges befanden. Über die Treppenhäuser, übrigens alle aus Stein und sehr stabil, gelangten wir in die oberen Etagen bis in den Dachstuhl.

Dieser war sehr gut erhalten, nur das ein oder andere Loch ließ uns vorsichtig zu den Fenstern gehen, von denen wir einen tollen Blick über den Wald hatten.

Zurück ging es durch einen engen Gang, auf beiden Seiten weitere ehemalige Mitarbeiterzimmer.

Die Größe des Gebäudes machte es uns manchmal schwer, den Überblick zu behalten, obwohl der Aufbau auf allen Etagen gleich war. Somit hieß es erstmal, ab in den Keller, wo sich ein kleines Schwimmbad, die dazugehörigen Umkleiden und weitere Heizungsräume befanden.

Fotografisch nicht ganz so interessant zog es uns wieder in den oberen Bereich, den ein und anderen ausgelassenen Ort nachholen. Dazu zählten die Ärztezimmer, Balkone und kleine Kapelle im Mitteltrakt.

Auf dem Außengelände, aber nicht zugänglich, befand sich noch ein Konsum, eine ehemalige Werkstatt und Heizhaus, welches als Krematorium genutzt wurde, sowie weitere Mitarbeiterunterkünfte.

Nach fast 6 Stunden verabschiedeten wir uns als letzte vom Team go2know, und machten uns auf den Heimweg. Die Eindrücke waren groß, die Körper leicht unterkühlt, die Akkus fast leer, aber im Herzen glücklich.
Es sei noch zu sagen, dass wir zu keinem Zeitpunkt ein ungutes Gefühl hatten, da das Gebäude häufig als Gruselklinik betitelt wird.

Die Atmosphäre einer solchen Heilstätte ist unglaublich interessant, auch immer im Hinterkopf, dass hier kranke Menschen auf Heilung hofften, nicht immer mit Erfolg. Für meinen Opa waren sie Hoffnung und Erfolg und ich dankbar auf seinen Spuren durch die nun verlassenen Gänge zu wandern.

Danke für all die Geschichten, die du mir erzähltest, wir vermissen dich.

Werbung

WfW*: MÜNCHEN – KRANICHFELD

*Wandern für Klugscheißer Wissbegierige

Hallo Nico, auf unserer Tour durch das kleine Norwegen Thüringens lernten wir bereits, dass ein Ort nicht immer dort ist, wo man zu wissen glaubt. Thüringen scheint ein gutes Bundesland für namentliche Doppelgänger zu sein. Nicht nur den Schwarzwald findet man hier, auch München ist nur ein Katzensprung entfernt und Startpunkt unserer Jubiläumsrunde am wohl bekanntesten Lost Place der Region. Jubiläumsrunde, da es Frauchens 100. Tour seit dem 25.08.2019 war, sagte die App. Ich sage, Frauchen wollte einfach nur bestimmen, wo es hingeht. Glückliches Frauchen, bedeutete glückliche Mitwanderer und ein weiterer Grund zum Anstoßen.

Nach dem ersten kleinen Anstieg und die Begeisterung für eines der größten noch erhaltenen Fachwerkhäuser Europas mussten wir ein wenig Luft holen. Diese frische Luft und Abgeschiedenheit inmitten eines kleinen Waldes oberhalb der Stadt waren einer der Gründe für den damaligen Standort. Ein weiterer war die Angst der Bevölkerung vor der gefürchteten Krankheit, die man auch als weißer Tod bezeichnete. Weiß und leblos, so sah die durch Tuberkulose zerstörte Lunge auf einem Röntgenbild aus. 1898 als zweistöckiges Gebäude mit einer Kapazität von 80 Betten erbaut, kam es schnell an seine Auslastung und wurde bereits ein Jahr später um einen zweiten Flügel erweitert. 1911/1912 erfolgte eine weitere Aufstockung um zwei Etagen auf 200 Betten und ist bis heute in dieser Form erhalten.

Der Lungenarzt Prof. Dr. Adolf Tegtmeier übernahm 1934 die Leitung der Sophienheilstätte und sorgte nach Weltwirtschaftskrise und der damit verbundenen halben Belegung wieder für positive Erfolge.
Während des Krieges blieb das Gebäude von Bombenangriffen verschont, wohl auch weil es mit einem riesigen roten Kreuz auf dem Dach gekennzeichnet war. Dr. Tegtmeier verhinderte zudem die Umwandlung in ein Kriegslazarett.
Durch den medizinischen Fortschritt wurden viele Lungenheilstätten überflüssig. 1966, als 5. Herzzentrum der DDR anerkannt und auch die Auslagerung der Orthopädie und Urologie in die Sophienheilstätte konnten den Betrieb auf Dauer nicht retten. 1992 bis 1994 wurden die Abteilungen an einen anderen Standort, der heutigen Zentralklinik Bad Berka, verlegt und das beeindruckende Fachwerkhaus geschlossen.

Dr. Tegtmeier ist heute Ehrenbürger der Stadt Bad Berka und führte als einer der ersten Thüringer Ärzte die Chemotherapie ein. Ende 1966 ging er erst mit 72 Jahren in den Ruhestand und verstarb 1975.
Das Gebäude besichtigten wir nur von außen, sein riesiges Gelände wird uns aber bald zurückkommen lassen, in Form einer offiziellen Fototour, dann auch mit Foto von innen, seid gespannt.

Da wir hiermit nun einen kleinen Teil für alle Wissbegierigen abgehakt haben, führten wir unsere Wanderung fort. Wir verließen das thüringische München, überquerten die Ilm und wanderten oberhalb des Flusses Richtung Tannroda.

Dort erreichten wir nach ca. 5 Kilometern die St. Michael-Kirche mit Burg auf dem 300 Meter hohen Lindenberg. Wir näherten uns der Ruine, dessen Turm man von 9 bis 18 Uhr kostenlos (um Spenden wird gebeten) besichtigen kann. Vom Aussichtssturm hatte man einen tollen Blick auf die kleine Stadt, ich genoss den Anstieg auf Frauchens Arm und war froh, die vielen Stufen nicht selbst laufen zu müssen. Ich sage nur, der Dackel und sein Personal.

Nach ein bisschen Sightseeing nutzten wir die Stühle am Ende des noch erhaltenen „blauen Schlosses“ für ein kleines Jubiläumsmittagessen. Dort verbrachten wir eine gute halbe Stunde, nichts ahnend, dass der anstrengendste Teil noch vor uns lag. Gut gestärkt, mit ein wenig zu viel Essen und einem Fehlkauf in Sachen FLEISCHbällchen im Bauch, wanderten wir die nächsten 3,5 Kilometer über unendliche Felder.

Die App sagte Ilmtalblick, wir sagten „Frauchen wir hassen dich“. Vom Ruhmberg blickten wir ins Tal und auf das Oberschloss Kranichfeld, endlich wieder Zivilisation. Dieses Schloss lag eigentlich auf unserer ursprünglichen Route, aber 1,5 Kilometer mehr mit einem Anstieg von 17 Prozent hätten mich zu einem Scheidungshund gemacht

Kurz vor der Niederburg befindet sich ein Adler- und Falkenhof, dessen Tiere wir nur aus der Ferne bestaunten. Besagte Burg ist ebenfalls eine Höhenburg, die nur zur Unterscheidung, des nicht besuchten etwas höher gelegenen Oberschlosses, diesen Namen erhielt. Dort bogen wir, auch hier ohne Besichtigung, scharf links ab. Eine weitere Ilmquerung konnten wir uns sparen, es gab nur ein Foto der kleinen Holzbrücke, die über den Fluss führte und wir begannen unseren Rückweg. Ohne Abstecher über Felder und fast auf geradem Weg wanderten wir an der Ilm wieder zurück Richtung Tannroda und folgten kurz dem Mühlgraben. Hier befand sich ein zurückgebautes Wehr, es diente der Speisung des Grabens, welches als Energie- und Wasserlieferant für die ehemalige Papierfabrik benutzt wurde.

Frauchen warnte uns, „kurz vor Schluss gäbe es noch einen steileren Abschnitt“, den die Menschen unproblematisch und elegant auf allen Vieren meisterten. Eine letzte kurze Verschnaufpause machten wir an der Wilhelm-Ernst-Hütte. Zur linken befand sich ein Felsen „zum Gedenken an Oberförster Batsch“ und weiterhin meine Idee, auch mir einen Gedenkstein zu errichten, musste ich immerhin weitere 1,4 Kilometer bis zum Ziel aushalten. Somit beendeten wir diese Wanderung mit vollen Bäuchen, strahlenden Frauchenaugen und freuen uns auf die nächsten einhundert Touren.

Werbung durch Ortsnennungen, die zu sehenden Marken unserer verwendeten Lebensmittel wurden von meinen Wurstverdienern und meinem Dackelkonto aus eigenen Mitteln erworben